Nationalpark Hohe Tauern

Hochgebirge trifft Steppe
– erste Kaiseradlerbeobachtung im Nationalpark Hohe Tauern seit 1955


Mitte März 2020 macht Ornitholge Laurenz Krisch im Gasteiner Nassfeld eine sensationelle Beobachtung: er konnte aus einer Distanz von ca. 800 m mit Fotos dokumentieren, wie ein subadulter Bartgeier – mit großer Wahrscheinlichkeit Charlie - einen im vorigen Jahr geschlüpften Kaiseradler verdrängte. Dies war erst die erste Kaiseradlerbeobachtung im Nationalpark Hohe Tauern und die zweite Beobachtung eines Kaiseradlers im Lande Salzburg, die erste stammt vom Weidmoos aus dem Jahre 1955.

Die gleichzeitige Beobachtung von Bartgeier und Kaiseradler zeigt die positiven Wirkungen und den Erfolg des Greifvogelschutzes in Österreich und in Europa, beide Arten galten in Österreich und weiten Teilen Europas als ausgestorben – mittlerweile sind beide wieder Brutvögel. Während bei Kaiseradler noch internationale Schutzstrategien vor dem gänzlichen Aussterben in Europa gefruchtet haben und somit eine natürliche Wiederbesiedlung Österreichs möglich war, bedurfte es für die ausgestorbenen Bartgeier eines alpenweiten Wiedereinbürgerungsprojektes. Beide Populationen sind aber noch sehr klein und fragil und bedürfen daher noch weiterer strenger Schutzmaßnahmen.

Der Kaiseradler ist zwar mit einer Flügelspannweite von 2,0 m etwas kleiner als der Bartgeier, aber seinem Namen entsprechend auch ein majestätischer Vogel.

Das Verbreitungsgebiet dieses stolzen Vogels erstreckt sich von China bis in das südöstliche Mitteleuropa. Er bewohnt Steppen, steppenähnliche offene Agrarlandschaften oder unberührte Graslandschaften. Hier kommen seine gängigsten Beutetiere wie Hamster, Feldhase und Fasan vor. Regelmäßig wird auch Aas in das Nahrungsspektrum aufgenommen.

Fast 2 Jahrhunderte lang konnte er nur in Osteuropa beobachtet werden. Der Kaiseradler ist vorwiegend in Ebenen anzutreffen, wie in den Regionen der Nationalparks Donau-Auen und Neusiedler See – Seewinkel in Ostösterreich. Doch nun gibt es seit 1999 auch in Österreich wieder Brutpaare. Dies sei eine Erfolgsgeschichte des Greifvogelschutzes, denn der majestätische Vogel galt noch bis vor 20 Jahren in Österreich als ausgestorben. Schutzmaßnahmen machten es möglich, dass sich die Bestände in Mitteleuropa langsam erholen und auch in Österreich langsam aber kontinuierlich steigen. Im Rahmen des heurigen mitteleuropäischen „Pannonian Eagle Census“, welche das Ziel hat, den Bestand und die Verbreitung der im pannonischen Raum überwinternden Adlerarten zu beziffern, konnten 535 Individuen gezählt werden, davon 83 Individuen in Österreich. Während in den letzten Jahren im Burgenland die Anzahl der Brutpaare stabil geblieben ist, steigt die Anzahl der Brutpaare in Niederösterreich und breitet sich langsam bis nach Oberösterreich aus. Trotz der positiven Entwicklung ist der Brutbestand der Kaiseradler hierzulande immer noch sehr fragil und die illegale Greifvogelverfolgung eine gravierende Todesursache für Jungadler. Da regelmäßig, besonders im Winter, auch Aas von den Greifvögeln angenommen wird, kommt es immer wieder vor, dass Kaiseradler an Giftködern verenden. Oft wird das seit 2008 verbotene Nervengift Carbofuran angewendet, um illegale, skrupellose Anschläge auf seltene Wildtiere zu verüben.



Geschrieben von
Ferdinand Lainer

24.03.2020